Begriff „Quartier“

Der Begriff „Quartier“

Urbane und ländliche Räume

Grundsätzlich ist der Begriff „Quartier“ ein rein urbaner Begriff. Die Idee hinter einer kleinräumigen Aufteilung eines Gebiets in Quartiere kann jedoch genauso auch auf ländliche Bereiche angewendet werden. Der Begriff „Quartier“ – wie er im Folgenden verwendet wird – unterscheidet daher nicht zwischen städtischem und ländlichem Gebiet.

Sozialraumbezug als entscheidendes Kriterium

Der Begriff Quartier entzieht sich im Vergleich zu administrativen Bezeichnungen wie „Ortsteil“, „Stadtteil“ oder „Bezirk“ einer genauen Abgrenzung ebenso wie einer genauen Definition. Das Quartier ist aber auch mehr als eine Wohneinheit oder ein Gebäudekomplex. Was unter einem Quartier verstanden wird, ist immer abhängig vom jeweiligen Betrachter. Quartiere stellen keine Insellösungen dar. „Sie sind immer in einen gesamtstädtischen oder sogar noch weiter gefassten (globalen) Kontext eingebunden“ (Olaf Schnur, Renaissance des Lokalen – Quartiere im Fokus von Wissenschaft und Politik, S. 4 f.).

Ein Quartier ist „groß genug, um als eigenständiger Handlungs- und Planungsraum zu fungieren und gleichzeitig  kleinteilig und übersichtlich genug, um die feinteiligen lokalen Strukturen zu berücksichtigen“ (EBZ Business School, FWW 04/16, S. 26).

Eine Annäherung nimmt Luise Willen vor: „Quartier beschreibt über die Wohnung hinaus den öffentlichen Raum, der vor der Wohnungstür beginnt und in dem regelmäßige Aktivitäten stattfinden. Der Aktionsradius eines jeden Menschen ist aber unterschiedlich groß, daher bleibt die räumliche Ausdehnung des Quartiers zunächst offen. Und darin liegt der Unterschied zum Stadtteil, der eine klar abgegrenzte Verwaltungseinheit bezeichnet.“ „Das Quartier kann als Ort des Wohnens, der Versorgung, als Ort der Fortbewegung und des Verkehrs sowie als Ort des Aufenthalts und der Begegnung betrachtet werden.“ Sie folgt ebenfalls einem sozialräumlichen Ansatz, indem sie sagt: „Das Quartier beinhaltet nicht nur räumliche Komponenten, sondern schließt generell die sozialen  Aspekte in die Betrachtung mit ein“ (Luise Willen, Annäherungen ans Quartier, Vortrag im Rahmen einer Projektwerkstatt des BBSR 2005, S. 1).

In die Bestimmung der Grenzen eines Quartiers müssen also auch soziale Komponenten einfließen. „In diesem Sinne müssen zur Bestimmung und Gestaltung des Quartiers bauliche und räumliche Kriterien ebenso wie soziale, kulturelle und milieubedingte  Faktoren herangezogen werden“ (Erschließen von Genossenschaftspotentialen im Forschungsfeld „Modelle Genossenschaftlichen Wohnens“, ExWoSt: Forschungen Heft 126, 2007, S. 38).

Praktische Handhabung

Letztlich sieht bei Berücksichtigung sozialräumlicher Komponenten das Quartier jedes einzelnen Menschen anders aus. Um handlungsfähig zu sein, bedarf es einer praktischen Umsetzung der oben genannten Definition. Ein Raumbezug ist wichtig oder zumindest eine räumliche Näherung, um eine geeignete Handlungsgrundlage zu haben. Es muss ein Raum festgelegt werden, der analysiert werden kann, damit durch die Analyse Bedarfe und Ressourcen festgestellt und anschließend Ziele formuliert werden können. Dazu braucht es eine Analyse aller Gegebenheiten vor Ort aus Sicht der Bewohner, aus der wiederum Rückschlüsse auf die Quartiere gezogen werden können.
Das Quartier entsteht dann sowohl durch einen räumlichen Bezug als auch durch die Festlegung und Beschreibung eines Quartiersziels.

Zur Einteilung von Quartieren können Geodaten verwendet werden, die Aufschluss über geografische Grenzen (Flüsse, Grünflächen, Verkehrsadern), Bebauung und Siedlungscharakter (EFH, MFH, Baualter) geben (Bölting, Thorsten, Neitzel, Michael: „Perspektivwechsel: Das Quartier als  Handlungsebene der Wohnungswirtschaft“ in Fortsetzung folgt: Kontinuität und Wandel von Wirtschaft Gesellschaft, Hoose, Fabian, Beckmann, Fabian, Schönauer, Anna-Lena (Hrsg.), S. 377 – 408, 382).
Diese Daten dienen neben Erkenntnissen über Altersstruktur und Versorgungsinfrastruktur ebenso bereits der Quartiersanalyse.

Hierzu muss ein gemeinsames Grundverständnis aller Akteure erzielt werden.