Quartiersentwicklung – Ein wichtiger Baustein zur Fortentwicklung der Kommunen

Quartiersentwicklung – Ein wichtiger Baustein zur Fortentwicklung der Kommunen

Handel, Gewerbe und Dienstleistung in etlichen zentralen Lagen der niedersächsischen Städte und Gemeinden leiden unter dem Strukturwandel im Einzelhandel, der u. a. durch ein Ausweichen des großflächigen Einzelhandels auf die „grüne Wiese“ sowie zunehmend auch durch den Internethandel befeuert wird. Das Sichtbarwerden von Erneuerungsbedarf und Leerständen ist die Folge. Die Quartiere werden weniger attraktiv, die Kundenzahlen und Umsätze sinken weiter. Für lebendige und lebenswerte Kommunen sind zentrale Geschäftsbereiche des Einzelhandels in den zentralen Lagen der Ortszentren und Innenstädte jedoch unverzichtbar. Gerade in ländlichen und kleinstädtischen Räumen sind die Zentren nicht nur die Visitenkarte einer Stadt oder Gemeinde, sondern zugleich maßgeblich Quell einer zukunftsfähigen Entwicklung.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gilt dies umso mehr, da gerade mobilitätseingeschränkte Menschen auf einen funktionierenden innerörtlichen Einzelhandel angewiesen sind. Der Sicherung der Nahversorgung in den Städten, Stadtteilen und Ortskernen kommt damit eine besondere Bedeutung für die kommunale Familie zu. Wir sehen in einer gut gemachten Quartiersentwicklung einen Baustein, um einer Verödung der Innenstädte und Ortskerne entgegenzuwirken. Darüber hinaus kann der verstärkte Blick auf das Quartier ein Schlüssel sein, ganz unmittelbar und schnell erfahrbar zu einem besseren Wohnumfeld beizutragen.

Hinzu kommt vor allem in den städtischen Ballungsräumen die Herausforderung durch größer werdende und dichter besiedelte Stadtteile, die zuletzt durch die Zuwanderung in den vergangenen Jahren verstärkt wurde. Es hat sich gezeigt, dass z. B. Geflüchtete bevorzugt in solche Quartiere ziehen, in denen sie Nachbarn ihrer eigenen Herkunft, bezahlbaren Wohnraum sowie Chancen auf Beschäftigung finden. Mit einer deutlichen Zunahme der Anwohner in bestimmten Stadtteilen oder Orten können soziale Konflikte einhergehen, wenn etwa die soziale Infrastruktur den veränderten Anforderungen nicht mehr entspricht.

Das Instrument der gezielten Quartiersentwicklung ist daher aus kommunaler Sicht ein wichtiges Instrument, um den vorgenannten Herausforderungen erfolgreich begegnen zu können. Wir verbinden mit einer gezielten Quartiersentwicklung die stärkere Chance, die benötigte Attraktivitätssteigerung, Revitalisierung und Weiterentwicklung von Innenstädten, Orts- und Stadtteilzentren und anderen (Wohn-)Quartieren erreichen zu können. Zudem begrüßen wir das einer gelungenen Quartiersentwicklung innewohnende Element des bürgerschaftlichen Engagements. Die Übernahme von Verantwortung und das Mitgestalten der Quartiersnutzer – insbesondere auch der Wohnungswirtschaft – schafft gute Lösungen und stärkt den kommunalen Gemeinsinn.

Dies hilft in den Kommunen, Konflikten aufgrund kultureller und sozialer Unterschiede vorzubeugen und die notwendige soziale Infrastruktur zu gewährleisten. Insbesondere Gebiete mit besonderen sozialen, demografischen und integrativen Herausforderungen, oder solche mit ökonomischen, sprachlichen, kulturellen, gesundheitlichen und sozialen Benachteiligungen können durch ein gezieltes Quartiersmanagement gefördert und entwickelt werden.

Den Kommunen kommt bei der Quartiersentwicklung vor allem eine steuernde Rolle zu. Das drückt sich etwa auch in dem aller Voraussicht nach alsbald kommenden Niedersächsischen Gesetz zur Stärkung der Quartiere durch private Initiativen (NQG) aus, das auf Initiative der kommunalen Spitzenverbände zurückgeht. Dieses Gesetz wird die Möglichkeiten und Instrumente der Quartiersentwicklung in naher Zukunft noch erweitern. Der Gesetzgeber gibt damit den Bürgerinnen und Bürgern, Gewerbetreibenden, der Wohnungswirtschaft und nicht zuletzt den Kommunen selbst ein innovatives Instrument an die Hand, mit dem Quartiere durch private Initiativen in Abstimmung mit den Städten und Gemeinden geplant und umgesetzt werden können.

Es bleibt zu wünschen, dass die bürgerschaftlich initiierte und getragene Quartiersentwicklung und das Quartiersmanagement noch stärker in den Fokus als positives Gestaltungsmittel rücken und davon neue Impulse ausgehen, um die sich stetig ändernden Anforderungen und die damit einhergehenden Herausforderungen erfolgreich bewältigen zu können.

Dr. Fabio Ruske

Referatsleiter, Niedersächsischer Städtetag

Der Niedersächsische Städtetag ist ein kommunaler Spitzenverband, dem 123 Städte und Gemeinden mit rund 4,7 Mio. Einwohner/-innen sowie die Region Hannover, die Seestadt Bremerhaven und der Regionalverband Braunschweig (als außerordentliche Mitglieder) angehören. Er repräsentiert rund 60 % der Einwohner/-innen des Landes Niedersachsen. Der Niedersächsische Städtetag hat die satzungsmäßigen Aufgaben, seine Mitglieder durch Beratung und Vermittlung des Erfahrungsaustausches in ihrer Arbeit zu fördern, die gemeinsamen Belange wahrzunehmen und gegenüber Landtag und Landesregierung zu vertreten.

Dr. Lutz Mehlhorn, MLE

Niedersächsischer Landkreistag

Der Niedersächsische Landkreistag ist die Vereinigung der 36 niedersächsischen Landkreise und der Region Hannover. Als kommunaler Spitzenverband vertritt er die Belange seiner Mitglieder gegenüber Landtag und Landesregierung. Der Niedersächsische Landkreistag hat u. a. die Aufgaben, für die Wahrung der verfassungsmäßigen Rechte der kommunalen Selbstverwaltung einzutreten und den Selbstverwaltungsgedanken zu pflegen, die gemeinsamen Anliegen und Belange seiner Mitglieder wahrzunehmen, die zuständigen Stellen bei der Vorbereitung und Durchführung von Gesetzen, Verordnungen und Erlassen zu beraten und den Meinungsaustausch mit und unter seinen Mitgliedern zu pflegen.

Meinhard Abel

Beigeordneter, Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund

Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund (NSGB) ist der kommunale Spitzenverband der kreisangehörigen Städte, Gemeinden und Samtgemeinden in Niedersachsen. Der Verband spricht für über 400 kreisangehörige Kommunen. Zu den Aufgaben des NSGB zählen die Vertretung der gemeinsamen Belange der kreisangehörigen Kommunen gegenüber Gesetzgebung und Verwaltung auf Bundes- und Landesebene, die Einzelberatung der Verbandsmitglieder, der Erfahrungsaustausch und die Information der im Mitgliederbereich ehren- und hauptamtlich Tätigen. Der Verband setzt sich für die Stärkung der freien Selbstverwaltung in den Städten und Gemeinden ein und nimmt die Interessen des ländlichen Raumes und der Nachbargemeinden der Großstädte wahr. Verbunden damit ist die Information der Öffentlichkeit über Aufgaben und Probleme des kreisangehörigen Raumes.